
Winterblues und Winterdepressionen erkennen und behandeln
Von Dr. Christoph Theurer
30. Mai 2025
Wenn es im Herbst kühler und dunkler wird, geht es meist nicht nur mit dem Wetter bergab, sondern oft auch mit der Stimmung. Dann stellt sich bei vielen der sogenannte Winterblues ein. Er ist geprägt von Trübsal und Traurigkeit sowie gelegentlich gedrückter Stimmung. In seltenen Fällen sind die Symptome schlimmer und halten längerfristig an – in diesem Fall kann es sich um Depressionen abhängig vom Winter handeln. Wir verraten Ihnen, wie Sie eine echte Winterdepression von einem Winterblues unterscheiden können, wie die Beschwerden entstehen und welche Tipps bei Winterdepression und Winterblues helfen, in der dunklen Jahreszeit in guter Stimmung zu bleiben.

Wie entstehen ein Winterblues und Depressionen im Winter?
Wie genau es zu einer Herbst-Winter-Depression oder einem Winterblues kommt, ist eine Frage, welche die medizinische Forschung nur zu Teilen beantworten kann. Die Ursachen sind komplex. Der vermehrte Aufenthalt in Innenräumen, der damit einhergehende Mangel an Tageslicht können ebenso wie Bewegungsmangel und häufigeres Alleinsein auf die Stimmung schlagen. Die Wissenschaft geht davon aus, dass der Lichtmangel eine wichtige Rolle für die Entstehung der Beschwerden spielt.
Dieser führt dazu, dass mehr Melatonin ausgeschüttet wird, und zwar nicht nur in der Nacht wie während der Sommermonate, sondern verstärkt auch tagsüber1. Die Folge: Uns plagen Erschöpfung und Müdigkeit, die Körperfunktionen verlangsamen sich und unsere Zellen stellen sich zur Regeneration auf Nachtruhe ein. Gleichzeitig nimmt die Serotoninproduktion ab. Der Mangel an diesem Botenstoff, der sonst für ausgeglichene, positive Stimmung sorgt, kann zu innerer Unruhe, Reizbarkeit und Traurigkeit führen.
Doch: Lichtmangel ist nicht allein verantwortlich für einen Winterblues oder eine saisonal abhängige Depression. Laut dem „Glücksatlas“ der Deutschen Post sind die Dänen das glücklichste Volk Europas – und das, obwohl die Tage bei unseren nördlichen Nachbarn im Winter viel kürzer sind als hierzulande. Daher wird ein Zusammenspiel mehrerer Faktoren als Ursache für Winterdepressionen vermutet. Dazu gehören eine gewisse Anpassungsschwäche, Vitamin-D-Mangel sowie genetische und psychosoziale Auslöser.
Winterblues oder -depression: Was ist der Unterschied?
Auch als Wintermelancholie bezeichnet, ist unter Winterblues eine vorübergehende Niedergeschlagenheit zu verstehen, die sich häufig dadurch zeigt, dass man nachdenklich und melancholisch wird. Zu den Symptomen von Winterblues zählen:

Gedrückte Stimmung

Müdigkeit

Energielosigkeit
Diese Anzeichen eines Winterblues sind auch bei einer Winterdepression zunächst ähnlich, jedoch treten hier bei genauerer Betrachtung tiefgreifendere und umfassendere Symptome auf. Bei einer Depression sind Betroffene häufig längerfristig niedergeschlagen und fühlen sich innerlich leer, während man bei einem Winterblues noch Freude an schönen Dingen und Ereignissen hat. Dazu kommen negative Gedanken, die die dunklen Tage noch grauer und trüber erscheinen lassen.
Auch auffälliger Heißhunger kann auf eine saisonal abhängige Depression hinweisen: Der Körper verlangt übermäßig nach kohlenhydratreicher und zuckerhaltiger Nahrung. So landen vor allem Süßigkeiten und Nudeln, Brot oder Kartoffeln auf dem Speiseplan. In Kombination mit wenig Bewegung ist eine Gewichtszunahme fast unvermeidlich. Doch auch das andere Extrem ist möglich: So kann es bei einigen Menschen während einer Winterdepression eher zu Appetitlosigkeit kommen.
Der Winterblues ist ein häufiges Phänomen. Die Winterdepression als Krankheitsbild, die jeden Winter wieder auftritt, kommt eher selten vor. Wenn Depressionssymptome bestehen, handelt es sich meist um eine typische Depression, die unabhängig von der Jahreszeit besteht.2
Doch wie erkennen Sie den Unterschied zwischen einer Depression und einer Winterdepression? Im Gegensatz zu einer „klassischen“ Depression, bei der Betroffene häufig unter Appetitlosigkeit und Schlafproblemen sowie damit verbundenem Schlafmangel leiden, lassen sich bei einer Winterdepression meist folgende Symptome erkennen:

Müdigkeit mit vermehrtem Schlafbedürfnis

Heißhunger auf Süßes und kohlenhydratreiches Essen

mögliche Gewichtszunahme
Eine jahreszeitbedingte Verstimmung, die im Herbst oder am Anfang des Winters auftritt, ist noch kein Grund zur Sorge. Wenn die Symptome allerdings so stark werden, dass der Alltag nicht mehr zu bewältigen ist, sollten Sie zwingend ärztliche Hilfe in Anspruch nehmen. Ihr Arzt oder Ihre Ärztin hilft Ihnen, die Symptome in ihrer Ausprägung und Intensität einzuordnen und so Ihre Winterdepression bestmöglich zu behandeln.

Was tun gegen Winterdepression und Winterblues?
Schlechte Stimmung im Winter muss nicht sein. Schon bevor die Tage dunkler werden, können Sie der Melancholie vorbeugen. Wenn es aber schon so weit ist, fragen Sie sich sicherlich: Was hilft gegen Winterdepressionen? Die folgenden Tipps helfen, Ihren Winterblues bekämpfen und können auch bei einer Winterdepression zur Selbsthilfe eingesetzt werden:

Tageslicht tanken! Wenn im Winter die Stimmung schief hängt, hilft Licht. Im Freien ist es trotz der dunklen Jahreszeit und selbst bei wolkigem Himmel sehr viel heller als im Haus. Machen Sie daher häufig Spaziergänge. Das tut dem Gemüt gut und hilft, die Melatoninproduktion tagsüber zu drosseln – so sind Sie weniger müde.

Lichttherapie: Um den positiven Effekt des Tageslichts noch effizienter zu nutzen, gibt es häufig auch eine ärztliche Empfehlung für Lichttherapie. Dabei setzen sich Betroffene etwa eine halbe Stunde am Tag vor eine sehr helle Lichtquelle, um die Serotoninproduktion anzukurbeln.3

Bewegung hebt die Stimmung: Widerstehen Sie dem Drang, Ihre Abende und Wochenenden ausschließlich auf dem Sofa zu verbringen. Auch tagsüber zu schlafen ist keine gute Idee. Sorgen Sie stattdessen regelmäßig für Bewegung. Die körperliche Aktivität fördert die Produktion von Glückshormonen. Treiben Sie am besten bei Tageslicht Sport im Freien.

Nicht einigeln: Achten Sie darauf, trotz der gedrückten Stimmung regelmäßigen Kontakt zu Ihren Mitmenschen zu pflegen. Treffen Sie Freunde und umgeben Sie sich mit Menschen, die Ihnen guttun.4
Pflanzliche Arzneimittel als Hilfe bei Winterdepressionen
Handelt es sich nicht nur um einen Winterblues, sondern eine echte, saisonale Depression, reichen die oben genannten Maßnahmen nicht immer aus. Wenn Ihre Symptome länger als zwei Wochen andauern und Beschwerden wie Appetitminderung, Schlaflosigkeit und Suizidgedanken hinzukommen, handelt es sich vermutlich um eine Winterdepression – die stets eine ärztliche Behandlung und Begleitung erfordert.
Quellen:
1 https://jphysiolanthropol.biomedcentral.com/articles/10.1186/s40101-016-0103-9
2 https://www.deutsche-depressionshilfe.de/depression-infos-und-hilfe/depression-in-verschiedenen-facetten/winterdepression
3 https://www.apotheken-umschau.de/krankheiten-symptome/psychische-krankheiten/lichttherapie-bei-depressionen-713071.html
4 https://www.dak.de/dak/gesundheit/psychische-gesundheit/psychische-erkrankungen/winterblues-und-winterdepression_13978